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Das politische Testament einer beeindruckenden Persönlichkeit

Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 183-S88625 / Igel / CC-BY-SA 3.0

Mit dem politischen Testament Georg Dertingers, des ersten Außenministers der DDR, liegt ein wertvolles Dokument zum Verständnis der Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert vor.
Georg Dertinger hat es im Oktober 1967 in Leipzig auf Tonband gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt lagen über 10 Jahre Zuchthaus in der Sonderhaftanstalt Bautzen, dem späteren Stasi-Gefängnis, hinter ihm. Der sowjetischen Besatzungsmacht und den Oberen der SED war der Außenminister obsolet geworden. In einem Geheimprozess wurde er aufgrund fadenscheiniger und erfundener Vorwürfe verurteilt. Zuvor hatte Georg Dertinger bemerkenswerte politische Leistungen vollbracht. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, diese vollständig aufzuzählen.     
Nur zwei möchte ich nennen: die Verhandlung und Unterzeichnung des Görlitzer Abkommens im Jahr 1950, das die Oder-Neiße-Linie als Staatsgrenze der DDR mit der Volksrepublik Polen regelt und die Formulierung der „Meißner Thesen“, in denen er einen Christlichen Sozialismus umreißt.


Seine Söhne, Christian und Rudolf, bestätigten mir mehrfach, dass ihr Vater maßgeblich mitwirkte an der Abfassung der so genannten Stalin-Note, die ein geeintes Deutschland auf der Grundlage blockpolitischer Neutralität vorschlug.
Ich danke Christian, dem in Leipzig lebenden jüngeren Sohn von Georg Dertinger, dass er das hier vorgehaltene Tondokument zur Verfügung gestellt hat. Beim Anhören hat mich immer wieder aufs Neue beeindruckt, die klare Stimme des klugen und gewissenhaften Politikers zu vernehmen, einer Persönlichkeit, die gerade im nunmehr vereinten Deutschland nicht vergessen werden darf.

Frank Richter, MdL
Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie in Sachsen e. V.