Erklärung des Kulturforums der Sozialdemokratie Sachsen e.V.
Das Coronavirus und die davon ausgehende Pandemie halten Gesellschaft und Politik „in Atem“. Die weltweit, in Europa, in der Bundesrepublik und auch in Sachsen erneut steigenden Infektionszahlen erzwingen einschneidende Maßnahmen. Die Sorge greift um sich, das Gesundheitssystem und vor allem die in den Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegheimen arbeitenden Menschen könnten schon bald an die Grenzen der Belastbarkeit kommen. Die aktuellen Entscheidungen führen zu schweren Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens; in großen Teilen unterbinden sie dieses.
Kunst und Kultur sind besonders hart betroffen. Einrichtungen müssen schließen. Veranstalter verlieren ihre Aufträge. Gerade solche, die sich in den zurückliegenden Monaten intensiv um die Erarbeitung und Umsetzung von Hygienekonzepten bemüht habe, stehen vor einem zweiten Lockdown. Viele Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffende fürchten um ihre wirtschaftliche Existenz. Manche haben aufgegeben oder suchen nach einer neuen Beschäftigung. Sie fühlen sich durch die staatlichen Verordnungen im Vergleich zu anderen Bereichen benachteiligt und ungerecht behandelt. Dass Kunst und Kultur in manchen öffentlichen Äußerungen als nicht „systemrelevant“ bezeichnet oder pauschal der Freizeitgestaltung zugeordnet werden, verletzt sie. Sie machen darauf aufmerksam, dass ihre Tätigkeit von substanzieller Bedeutung für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ist und sie genauso wie die Beschäftigte anderer Branchen zum Steueraufkommen des Staates beitragen.
Als Mitglieder des Kulturforums der Sozialdemokratie sehen wir, zu welch schwerwiegenden Entscheidungen die in Verantwortung stehenden Politikerinnen und Politiker genötigt sind. Sie sind dem Schutz des menschlichen Lebens als unserem höchsten Gut verpflichtet. Gleichwohl mahnen wir an, den Schutz der Kultur nicht zu vernachlässigen. Es waren nicht zuletzt Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich vor 30 Jahren für ein entsprechendes Bekenntnis eingesetzt haben. Im Artikel 1 der sächsischen Verfassung heißt es:
„Der Freistaat Sachsen ist ein demokratischer, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Kultur verpflichteter sozialer Rechtsstaat.“
Das bedeutet: Kultur ist kein „nice to have“. Kultur gehört zu den Elementen unseres gesellschaftlichen und politischen Selbstverständnisses. Staat und Gesellschaft müssen helfen, die Krise der Kultur abzuwenden. Wir sehen im Schutz und in der Weiterentwicklung unserer Kultur nicht einen Teil des Problems der aktuellen Krise, sondern einen Teil ihrer Lösung. Wir brauchen sie, um neue Perspektiven zu gewinnen.
Deshalb fordern wir die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik dazu auf, die diversen Bereiche unserer reichhaltigen und vielfältigen Kultur bei der Ausgestaltung der angekündigten Unterstützungsfonds angemessen zu berücksichtigen. Die in künstlerischen und kulturellen Bereichen tätigen Solo-Selbständigen dürfen nicht vergessen oder als Beschäftigte zweiter Klasse behandelt werden.
Alle, die sich in den Künsten und Kultureinrichtungen engagieren, rufen wir dazu auf, sich nicht zurück zu ziehen, sich zusammen zu schließen, ihre berechtigten Forderungen zu benennen und sich kreativ an der geistigen, ästhetischen und kommunikativen Verarbeitung der aktuellen gesellschaftlichen Krise zu beteiligen.
05.11.2020
Frank Richter, Vorsitzender, MdL, Meißen
Egmont, Elschner, Stell. Vorsitzender, Mitglied im Bundesvorstand Kulturforum der Sozialdemokratie
sowie die Mitglieder:
Harald Baumann-Hasske, Rechtsanwalt, MdB a.D., Dresden
Frank Berger, Musiker, Leipzig
Uwe-Eckart Böttger, Journalist und Medienunternehmer, Dresden
Günther Gentsch, Schriftsteller, Leipzig
Knut Hermecke, Chemiker, Leipzig
Andreas Herrmann, Journalist, Zittau
Wolfgang Korneli, Kanzler a.D. der HMT „Felix Mendelssohn Bartholdy“, Leipzig
Gunter Lochbaum, MdL a.D., Plauen
Tobias Möller, Kulturberater, Chemnitz
Eva-Marie Stange, Kulturministerin a.D, Dresden
Prof. Dr. Peter Winterhoff-Spurk, Verleger, Saarbrücken
Weitere Informationen über Bundeshilfen auch auf der
Seite des Bundesfinanzministeriums