zur Übersicht

Hetze im Netz bisher ohne erkennbare Konsequenzen

Trinitatiskirche in Meißen Foto: Dr. Bernd Gross

Frank Richter erwartet juristische und politische Reaktionen  

Frank Richter:

„Die am 11. Juli 2023 von mir erstattete Anzeige gegen die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und wegen des Verdachts der Unterdrückung der Religionsfreiheit bleibt seit fast einem halben Jahr ohne erkennbare Konsequenzen. Ich habe weder von der Polizei noch von der Staatsanwaltschaft irgendeine Information über die Bearbeitung erhalten. An Verlautbarungen des Innenministeriums, das Internet und die sozialen Medien dürften keine rechtsfreien Räume sein, mangelt es nicht. Handelt es sich dabei um bloße Lippenbekenntnisse und wohlfeile Rhetorik? Ich erwarte Auskunft und auch eine Positionierung der politisch Verantwortlichen.“

Dazu ein Artikel in der Sächsischen Zeitung

Zum Hintergrund: 

Im Juli dieses Jahres hatte Jörg Schlechte folgenden Facebook-Eintrag gepostet: „Ich habe erfahren … das linke Zecken unter Führung eines öligen Pfarrers an diesem Tag“ – gemeint ist der 19.11.2023, der Volkstrauertag – „auf dem Trinitatis Friedhof unseren einzigen Ritterkreuzträger mit Eichenlaub und Schwertern in den Dreck ziehen wollen. Es ist angebracht alle anständigen Meißner zu mobilisieren.“ 

Mit „unserem einzigen Ritterkreuzträger“ ist Hans Philipp gemeint. Er wurde 1917 in Meißen geboren, war Luftwaffenoffizier und Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg. Hans Philipp war aktiv beteiligt am deutschen Überfall auf Polen, Frankreich und die Sowjetunion. Insgesamt flog er über 200 Luftangriffe. Er erhielt in der Zeit des Nationalsozialismus mehrere hohe Auszeichnungen. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Trinitatis-Friedhof in Meißen. 

In einem weiteren Eintrag äußert sich Jörg Schlechte, nach wie vor Mitglied der CDU: 

„Der ölige Pfaffe wird nicht in der Trinitatis Kirche am 19.11.23 einen NPD Parodie Gottesdienst abhalten. Das wird auch eine Polizei Hundertschaft nicht schützen können. Weil es vorher ein Gericht untersagt.“ Thomas Tallacker reagierte darauf via Facebook: „… selbst wenn werden wir ihn ‚würdig‘ empfangen.“ 

Bei dem von Jörg Schlechte (CDU) als „öliger Pfaffe“ Bezeichneten handelt es sich um den evangelischen Pfarrer Bernd Oehler. Dieser hat sich wie kaum eine andere Persönlichkeit um das Gedenken an die Meißener Jüdinnen und Juden verdient gemacht, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, entrechtet, beraubt, verschleppt und getötet wurden. Auch die Verlegung und Pflege der daran erinnernden Stolpersteine ist maßgeblich ihm zu verdanken. 

Frank Richter: 

„Die Facebook-Einträge von Jörg Schlechte und Thomas Tallacker beleidigen nicht nur eine Persönlichkeit, die sich um unsere Stadt verdient gemacht hat. Sie rufen mehr oder weniger direkt dazu auf, die Feier eines Gottesdienstes zu verhindern. Ich kann nicht verstehen, dass sich die Staatsanwaltschaft bisher nicht geäußert hat. Ebenso unverständlich ist das Schweigen der CDU. Wenn sich eines ihrer Mitglieder unmissverständlich zur Verehrung eines ‚Helden‘ der Nazi-Zeit bekennt und gleichzeitig einen Geistlichen beleidigt, der sich intensiv um die Versöhnung mit den Jüdinnen und Juden bemüht, und eine sich als christlich bezeichnende Partei nichts dazu zu sagen hat, ist grundsätzlich etwas faul.“