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Kirchenasyl beschäftigt Gemeinden, Politik und Zivilgesellschaft

Foto: Andreas Herrmann

„Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen“ (Matthäus 25,35).

Schon bevor die vor dem Krieg in der Ukraine Geflüchteten in unser Land kamen, lebten zahlreiche Menschen unter uns, die ihre Heimat verlassen haben, weil sie Schutz vor Verfolgung, Krieg und Diskriminierung suchten. Viele von ihnen fristen seit Jahren ein Dasein in anhaltender Ungewissheit. Exemplarisch dafür steht der in einer Gemeinschaftsunterkunft in Riesa untergebrachte pakistanische Pfarrer Khurram Gill. Er lebt seit kurzem im Kirchenasyl im Kloster Mühlberg an der Elbe. 

Das Thema Kirchenasyl scheint angesichts der Zunahme nicht nachvollziehbarer Behördenentscheidungen in vielen Gemeinden an Bedeutung zu gewinnen. Die Fragen rund um diese Zufluchtsmöglichkeit waren daher Thema einer Zusammenkunft von Pfarrern, Sozialarbeitern und anderen in der Flüchtlingsarbeit engagierten Christen im Meissner Johannesstift.  

Beim Kirchenasyl gehe es darum, eine getroffene Entscheidung der Behörden noch einmal zu überdenken. Kirchen könnten natürlich keinen Aufenthaltstitel verleihen, aber nach menschlichen Gesichtspunkten prüfen, was gegen eine Abschiebung spreche wie etwa Verfolgung bis zum Tod im Abschiebeland. Man habe in diesen Fragen in Sachsen kein demokratisches und rechtsstaatlichen Handeln. Behördenwillkür gehe einher mit absichtlich falschen Bescheiden, da es beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Anerkennungsbehörde festgelegte Quoten zur Abschiebung gebe, so Stefan Theo Reichel, Kirchenasyl-Beauftragter der Bayrischen Landeskirche und Vorsitzender des Vereins „matteo – Kirche und Asyl“. Hinsichtlich der Arbeitsweise des BAMF hoffe man auf neue Personalentscheidungen durch die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Beim Kirchenasyl werde kein Recht gebrochen, es sei neuer Aufbruch im Christsein, so Reichel.

Darüber, dass Kirchasyl auch rechtlich funktionieren kann informierte in Meißen Pfarrer Andreas Tasche. Der Herrnhuter hatte sich vor fünf Jahren um eine Gruppe von 22 Geflüchteten aus dem Irak gekümmert und danach für rund 15 weitere Kirchenasyle Verantwortung getragen. 

Frank Richter, Landtagsabgeordneter der SPD, wies in Meißen darauf hin, dass im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel zum Beispiel in Gastronomie und Handwerk nicht wenige Asylsuchende einfach auch gebraucht werden. Er sprach sich dabei für eine „Anstrengungsanerkennung“ für solche Flüchtlinge aus, die alles tun, um nachhaltig integriert zu werden. Richter hofft dabei auf die im Zusammenhang mit den im Koalitionsvertrag der Bundesregierung formulierten Pläne für Verbesserungen der aufenthaltsrechtlichen Situation von Geflüchteten. Hier wäre es auch für Sachsen möglich in Erwartung auf die dort formulierten Pläne Regelungen im Vorhinein einzuführen, auch wenn das entsprechende Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

In der Veranstaltung mit weiteren Vertretern von Flüchtlingsinitiativen, einem Polizeiseelsorger, einem  Pater aus dem Kloster Mühlberg oder Gästen aus Zittau wurde weiter deutlich, dass Widersprüche in den Asylverfahren weiter an der Tagesordnung sind. Während zahlreiche hilfesuchende Ukrainer im Freistaat solidarisch aufgenommen werden, droht zur selben Zeit einer Georgierin in Kamenz mit einem neugeborenen Kind die Abschiebung. 

Andreas Herrmann