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Willkür in Behörden und Justiz – Nur ein Einzelfall?

Zuerst entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlingen (BAMF) falsch. Danach fällen sächsische Gerichte ein skandalöses Urteil.

Szenische Lesung „Abschiebung nach Aktenlage“ und Gespräch mit Stephan Theo Reichel 

Es geht um einen pakistanischen Asylbewerber. Nach Aufforderung durch das BAMF (Außenstelle Chemnitz) gab er bei dieser Behörde mehrere originale Dokumente ab. Diese belegten seinen Lebenslauf, seine Ausbildung und seine Verfolgungsgeschichte. Die Dokumente verschwanden und wurden ihm erst Jahre später – auf Betreiben des Abgeordneten Frank Richter – zurückgegeben. 

Das BAMF und die sächsischen Gerichte lehnten den Asylantrag des Pakistaners ab, ohne auf die Dokumente Bezug zu nehmen. Die stundenlangen Befragungen erfolgten ganz offensichtlich nicht mit dem Ziel, die Schutzbedürftigkeit gewissenhaft zu prüfen, sondern in der inquisitorischen Absicht, den Asylbewerber in Widersprüche zu verwickeln. In den Urteilsbegründungen liest man u.a., dass der Pakistaner kein Christ sein könne, weil er Martin Luther nicht kennt. 

Herrscht Willkür im sächsischen Rechtsstaat? 

Handelt es sich bei der Behandlung des Pakistaners um einen Einzelfall? Vieles spricht dafür, dass es den Behörden vorrangig darum geht, Asyl zu verhindern oder zu erschweren. 

Siehe dazu auch: www.abschiebung-sachsen.de

Frank Richter: „Seit der Beschäftigung mit dem Fall des pakistanischen Asylbewerbers zweifle ich am Rechtsstaat in Sachsen. Mein Widerspruch gilt nicht nur der Meinung, es gäbe einen Massenzustrom in „unsere Sozialsysteme. Ich frage, ob die Praxis des BAMF, der Ausländerbehörden und Gerichte nicht vor allem darauf zielt, Schutzbedürftige abzuweisen und geeignet ist, die Humanität unseres Landes zu zerstören.“ 

Die Lesenden (v.l.): Frank Richter, Iris Pickhard, Benjamin Pauquet, Sophie Lüpfert Foto: Andreas Herrmann

Am Sonntag, d. 6.11.2022 wurde auf dem Theaterkahn Dresden die szenische Lesung „Abschiebung nach Aktenlage“ aufgeführt. Sie basiert auf Gedächtnisprotokollen und originalen Dokumenten des BAMF (Außenstelle Chemnitz) und der sächsischen Verwaltungsgerichte. Die verwendeten Texte mussten zum Schutz des Flüchtlings anonymisiert werden, weil dieser in seinem Herkunftsland von einer personenbezogenen Fatwa (einem religiös begründeten Todesurteil) bedroht ist.

Dramaturgie und Regie: Esther Undisz 

 

Tim Deisinger mit Stephan Theo Reichel im Gespräch Foto: Andreas Herrmann

Hier zwei Tondokumente:

Mitschnitt der Szenischen Lesung „Abschiebung nach Aktenlage“ 

Tim Deisinger im Gespräch mit Stephan Theo Reichel, Vorsitzender von matteo e.V., ausgewiesener Kenner und Kritiker der deutschen Asylpolitik und erfolgreicher Vermittler von Kirchenasylen