zur Übersicht

Gedanken zum Weltfriedenstag

Abb.: Käthe Kollwitz – Nie wieder Krieg / Quelle: Deutsches Historisches Museum

1. September – Weltfriedenstag. Jedes Jahr denkt man immer wieder aufs Neue, dass dies leider ein schrecklich aktueller Anlass ist. Warum nur, kann dieser Tag nicht einfach nur zu einem historischen Tag werden? Warum nur, muss er immer noch und immer wieder so aktuell bleiben?

Erinnern wir uns an den 1. September 1939. Der Überfall auf Polen begann mit einer großen propagandistischen Lüge, dem behaupteten polnischen Überfall auf den Sender Gleitwitz. Das erste Opfer jedes Krieges sei die Wahrheit, so heißt es. Immer wieder wurde diese Aussage bestätigt. Beispiele aus der jüngeren Geschichte sind der konstruierte Zwischenfall von Tonkin am Anfang des Krieges der Amerikaner in Vietnam 1964; der behauptete und bis heute nicht nachweisbare Hufeisenplan als wichtige vermeintliche Legitimation des völkerrechtswidrigen NATO-Angriffs auf Jugoslawien 1999 oder die hanebüchene Begründung des Irak-Krieges 2003 mit den vermeintlichen Massenvernichtungswaffen des Irak und den an den Haaren herbeigezogenen Verbindungen des Diktators Saddam Hussein und Al-Qaida. Propaganda und Krieg sind wie siamesische Zwillinge. Wir lernten früher im Geschichtsunterricht, dass man zwischen Anlass und Ursachen unterscheiden müsse. Das scheint mir nach wie vor richtig und wichtig.

Am Weltfriedenstag 2021 geht unser Blick natürlich besonders nach Afghanistan. 20 Jahre Krieg haben dieses Land nicht besser und nicht lebenswerter gemacht. Am Ende dieses Krieges steht ein Desaster des Westens. Die westliche Allianz konnte in Afghanistan genauso wenig siegen, wie dies im 19. Jahrhundert den Briten nicht gelang und im 20 Jahrhundert der Sowjetunion. Der Krieg in Afghanistan wurde 2001 unter Führung der USA begonnen. Ziele waren die Verfolgung der Terroristen der Organisation Al-Qaida und der Sturz der im Land herrschenden Taliban. Man könnte in diesem Zusammenhang ganz vorsichtig noch mal daran erinnern, dass der 11.09.2001 der Auslöser dieses Krieges war, gleichwohl der Großteil der Attentäter aus Saudi-Arabien stammte und zumindest wesentliche Teile der Planung wohl in Hamburg stattgefunden hatten. Die Begründung für den Angriff auf Afghanistan waren keineswegs überzeugend. Mir leuchtet auch nicht ein, dass man Frieden herbei bomben kann. Ebenso wenig überzeugend finde ich es, wenn man Krieg euphemistisch mit friedensstiftenden Maßnahmen umschreibt.

Vielleicht – auch wenn ich wenig Hoffnung hege – könnte man, könnten wir alle, doch diesmal etwas Wertvolles aus einem Afghanistan-Desaster lernen. Vielleicht könnten, sollten, müssten wir Konsequenzen ziehen. Schuld und Verantwortung, gar Versagen, darf man keineswegs den Soldatinnen und Soldaten vorwerfen. Sie werden eingesetzt. Sie handeln nach Befehlen. Die deutschen Regierungen seit 2001 sind kritisch zu befragen. Eine Aufarbeitung ist dringend geboten. 

Ich möchte es noch mal ganz deutlich formulieren: Es waren nicht die Pazifisten, welche Deutschland und die Welt historisch ins Elend gestürzt haben. Verantwortung in der internationalen Politik wahrnehmen, das ist gut und richtig. Die Diskussion um die richtigen Mittel muss erlaubt sein. Dass der Einsatz deutschen Militärs die Welt zu einer besseren machte, dafür habe ich bisher keinen dauerhaft überzeugenden Beweis erfahren. Wir sollten uns stark machen für nachhaltige zivile Hilfen vor Ort. Wir sollten desertierenden Soldaten helfen, da sie den Krieg austrocknen helfen. Wir sollten uns stark machen für einen echten Kriegsächtungspakt. Wir sollten uns international für Frieden und Völkerverständigung einsetzen. Wir brauchen keine neuen und keine alten Feindbilder. Wir brauchen keine neue Rüstungsspirale. 

Die Welt braucht keinen Krieg – überhaupt gar keinen. Was wir brauchen ist Frieden. Die Menschheit hat genügend große und dringende Aufgaben gemeinsam zu lösen. Alle Kraft und Ressourcen, welche dabei in Rüstung und Krieg fließen, fehlen anderswo und werden doch so dringend benötigt. Gute Politik ist zwingend Friedenspolitik.

Bernd Mönch, aus Anlass des Weltfriedenstages 2021